Lehm
Der Lehm ist ein altes Volks- und Naturheilmittel.
Pfarrer Kneipp hat ihn wieder aus der Vergessenheit hervorgeholt und als Heilmittel bei den verschiedensten Gebrechen (Entzündungen, z. B. der Lunge, Verstauchungen, Quetschungen, Verrenkungen, usw.) mit bestem Erfolge angewandt.
Auch sehr viele Ärzte benutzen in der letzten Zeit dieses Heilmittel, nachdem sie sich von den überaus großartigen Erfolgen desselben überzeugt haben.
Wenn man sich einen recht fettigen, klebrigen, tonhaltigen Lehm verschaffen kann, so ist dieser zu Heilzwecken der beste; sonst genügt aber auch schon jede lehmartige Erde aus Garten oder Feld.
Die Erdelektrizität ist es, welche zur Heilung beiträgt, deshalb nehme man möglichst frisch gestochene Lehmerde.
Zunächst entferne man aus dem Lehm oder der Erde alle Steinchen, dann vermische man denselben mit Wasser und etwas Essig zu einer steifen Masse, ähnlich wie Salbe.
Diese Lehmsalbe wird dann daumendick auf einen vorher angefeuchteten Leinwandlappen aufgetragen, auf die nackte, kranke Stelle gelegt und mit einem Tuche luftdicht verbunden.
Der Schmerz hört sofort auf!
Der Lehm besitzt eine sehr große Aufsaugungsfähigkeit, zieht deshalb die Hitze aus den kranken Stellen und saugt alle kranken Stoffe auf.
Kneipp hat mit Lehmkuren bei Lupuskranken großartige Erfolge erzielt, besonders dann, wenn der Lehm statt mit Wasser, mit einem Absud von Zinnkraut und Huflattig und etwas Essig angerührt worden war.
Bei Kopf-, Zahn- und Kieferschmerzen, Zahnfisteln und Kiefervereiterungen, Bienenstichen, überhaupt bei allen schmerzhaften Entzündungen, z. B. Brandwunden ist der Lehm ein großartig wirkendes Mittel, da er durch seinen luftdichten Abschluß sofort den Schmerz stillt.
Kranke, welche mit einem der oben angegebenen Übel behaftet sind, werden sofort einschlafen, wenn sie vor dem Schlafengehen eine Lehmauflage auf die kranke Stelle machen.
Ebenso haben sich Lehmauflagen auf den Unterleib bei zu starker monatlicher Reinigung als sehr blutstillend erwiesen.
Nach der Stärke der Entzündung ist der Lehm in 1-4 Stunden trocken und es muß dann frisch angemengter Lehm aufgelegt werden.
Ohne eine Blutvergiftung befürchten zu müssen, kann man Lehmsalbe auf Biß-, Riß-, Schnitt-, Stich-, Schuß- und Brandwunden legen.
Sollte jemand zu ängstlich sein, die Lehmsalbe auf die nackte Wunde zu legen, so lege er erst einen nassen Leinwandlappen auf dieselbe oder er benutze den Lehm getrocknet in Pulverform als Puder.
In dieser Weise angewandt, erzielt man mit Lehm, namentlich bei nässender Flechte, ganz großartige Erfolge.
(Die Borken sind vorher mit einem in Öl getauchten Lappen abzuweichen.)
Ganz veraltete, sogar jahrelang bestandene Beingeschwüre sind mit Lehm oft in kurzer Zeit vollständig geheilt worden.
(Vor Erneuerung der Auflagen muß die Wunde mit lauwarmem Wasser ausgespült und dann trocken getupft werden.)
Lehm, welcher bei Geschwüren oder eiternden Wunden zu Auflagen benutzt wird, soll, da er durchaus rein sein muß, tief aus der Erde (1½-2 m) gegraben werden. (Eventueller Vorrat ist 1 m tief aufzubewahren.)
Gegen Gicht, Rheumatismus, Krampfadern, Kniegelenkentzündung, Knieschwamm, Verrenkungen usw. werden leinene Tücher in Lehmerde getaucht, ausgewrungen und um den leidenden Körperteil gelegt; dann wird derselbe mit einem trockenen Tuche umwickelt.
Damit die äußere Luft gar keinen Zutritt hat, wird der kranke Körperteil nochmals mit einer wollenen Decke umhüllt.
Der Wickel muß so lange liegen bleiben, bis das leinene Tuch trocken ist.
(Täglich 2 Wickel.)
Der Lehm ist ein unvergleichlich schmerzstillendes Mittel, welches nicht leicht durch ein anders ersetzt werden kann.
Jeder, der einmal erfahren, welche großartige Wirkung Lehm hat, wird in jedem gegebenen Falle immer wieder seine Zuflucht zu ihm nehmen.
In neuester Zeit wird Lehm und zwar pulverisierte weißeTonerde (käuflich) auch innerlich angewandt bei Diphtherie und bei Brechdurchfall, Darm- und Magenkrankheiten.
Für einen Tag löst man 250 g in ½ l Wasser für Erwachsene; Kinder je nach Alter 12-30 g, Ältere bis 60 g und nimmt davon in Zwischenräumen von 5-10 min 1 Teelöffel.
Dieses Lehmwasser ist ein durchaus unschädliches Mittel.